Oberhof – Pirouetten statt Skatingschritt, Paddelschläge statt Abfahrtshocke: In der LOTTO Thüringen Skisport-HALLE – seit 2009 ein ganzjährig nutzbares Eldorado für Leistungs- und Breitensportler – kommen nicht nur Langläufer und Biathleten auf ihre Kosten, sondern nunmehr auch Kufensportler. Der Grund: Im Zentralbereich der Anlage wurde eine knapp 250 Quadratmeter große Eisfläche angelegt, die ganz neue Möglichkeiten offeriert. In Mitteleuropas einziger Skilanglaufhalle können somit neben dem Rennrodel- künftig auch dem Eiskunstlaufnachwuchs zusätzliche Trainingsmöglichkeiten geboten werden.
Der erste Vereisungs-Testlauf in der Skisport-HALLE wurde bereits im Vorjahr vollzogen. „Ein Teilstück des Zentralbereiches wurde für den Rennrodel-Nachwuchs vereist, der so die technischen Abläufe des Starts auf einer planen Fläche erlernen und verfeinern kann. Dazu wurde ein Startbock mit eingefroren. Die fehlende Neigung erhöht dabei den Trainingswiderstand, zudem lassen sich eine größere Anzahl von Wiederholungen in kürzerer Zeit realisieren. Die genutzte Fläche befindet sich im Zentralbereich, der in erster Linie für die Schneeproduktion und Lagerung genutzt wird. Der normale Langlaufbetrieb wird daher überhaupt nicht eingeschränkt“, sagt Heiko Krause, technischer Leiter des Zweckverbandes Thüringer Wintersportzentrum.
Nachdem die temporäre Eisfläche seitens des Rennrodelnachwuchs bereits im letzten Jahr als qualitativ hochwertige Trainingsbereicherung eingeschätzt wurde, gingen die Überlegungen der Skihallen-Mitarbeiter für eine sinnvolle Nutzung weiter. Da im benachbarten Ilmenau Eiskunstlauf mit leistungssportlichen Anspruch betrieben wird, wurde ein erster Kontakt zur Eiskunstlaufgemeinschaft Ilm-Kreis hergestellt. Nach einem Termin vor Ort und positiver Begutachtung, wurde ein eingeschränkter Testbetrieb bis Mitte August vereinbart, um weitere Erfahrungen zu sammeln.
Mehrwert für den Nachwuchs
„Die Bedingungen sind super und die Eisqualität kommt den idealen Bedingungen erstaunlich nahe“, sagt Kristin Wieczorek-Pfeiffer, Nachwuchs-Trainerin der Eiskunstlaufgemeinschaft Ilm-Kreis. Da sich die Eishallen in Ilmenau und Erfurt in der Sommerpause befinden und nicht vereist sind, ist die unverhoffte Trainingsalternative in Oberhof besonders wertvoll. „Für unser Training auf Eis müssen wir ansonsten sehr weite Strecken auf uns nehmen, von daher freuen wir uns natürlich ungemein, dass wir hier trainieren dürfen“, so die Deutsche Eiskunstlauf-Meisterin des Jahres 2007 weiter.
Die Herstellung der Eisfläche gestaltete sich vergleichsweise einfach, herrschen doch konstant -4°C in der Halle bei zudem gekühltem Boden. Nach der ohnehin erforderlichen Leerung des Zentralbereiches im Zuge der jährlichen Wartung im April, wurde die Hallensohle statt mit Schnee mehrfach mit einem dünnen Wasserfilm versehen. Eine Vorgehensweise, die der Praxis in der LOTTO Thüringen EISARENA und der dortigen Kunsteisbahn entspricht.
Durch das Skihallen-Team konnte so eine drei Zentimeter starke und ebene Eisschicht aufgebaut werden. Die Reparaturmaßnahmen nach dem Kufenbetrieb beschränken sich momentan auf das erneute Aufsprühen eines dünnen Wasserfilms.
„Das Feedback der Rennrodler war bereits sehr gut. Bei den Eiskunstläufern waren wir uns anfangs nicht so sicher, spielen kleine Unebenheiten doch eine viel größere Rolle. Das jetzt positive Feedback ist umso schöner. Mit dem Eismeister der Ilmenauer Eishalle stehen wir zudem in enger Verbindung, um den einen oder anderen Kniff noch umzusetzen“, so Krause weiter.
Neue Akteure, neue Synergien
Die Neuerungen scheinen sich jedenfalls auszuzahlen. „Es ist eine absolute Bereicherung – sowohl für den Nachwuchs und die jungen Sportler, die an den Sport herangeführt werden, aber auch für unser A-Team“, sagt Rennrodel-Doppelsitzer Paul Gubitz, der sich gemeinsam mit Obermann Hannes Orlamünder als neues Thüringer Top-Gespann im Weltcup etablieren konnte. „So früh hatten wir in einer Saison-Vorbereitung noch keinen Eiskontakt. Durch die konstanten Bedingungen ist die Eisqualität zudem extrem gut. Es ist bemerkenswert, was man sich hier einfallen lässt und dass man so gleich mehrere Sportarten in der Skihalle zusammenführen und mit einem Mehrwert versehen kann“, so der 25-jährige Athlet vom RRC Zella-Mehlis.
Nach der Testphase wird der Zentralbereich ab Ende August für die Schneeerzeugung und dessen Lagerung genutzt. Die neu gewonnenen Erkenntnisse werden indes in die Überlegungen und Planungen für das kommende Frühjahr einfließen, vielleicht in Form der noch möglichen Vergrößerung der Eisfläche sowie der Einbindung eines dann größeren Nutzerkreises. Das sich künftig noch mehr unterschiedliche Wintersportarten in der LOTTO Thüringen Skisport-HALLE treffen und voneinander lernen können, ist dabei ein mehr als angenehmer Nebeneffekt. (rk)